Moskau 1986: Nicht über den Jordan gegangen

Nowoierusalimskij monastyr' w Istrje – Das Kloster Neu-Jerusalem zu Istra
[http://maps.google.com/maps?q=55.921574,36.845924]
Dort, wo das Flüsschen Istra westlich von Moskau eine Schleife beschreibt (links unten), liegt das Kloster Neu-Jerusalem.
Es wurde 1656 von Patriarch Nikon – der natürlich nicht der Erfinder der Kamera ist ;-) – unweit der Siedlung Istra gegründet.
Der Name des Klosters bezieht sich auf die Offenbarung des Johannes: Nach der Apokalypse wird "ein neues Jerusalem" entstehen.

Symbolisch bildet die Rotundenform der Auferstehungskathedrale (rechts oben) die Grabeskirche in Jerusalem nach.
Wegen dieses Bezugs zu der heiligen Stadt des Christentums nennen die Russen das Flüsschen Istra auch "unseren Jordan".

Das Kloster liegt direkt an der Wolokolamsker Chaussee (Mitte oben). Sie ist Schauplatz des gleichnamigen Kriegsromans von Alexander Bek.
Der Kriegsberichterstatter schildert darin den Kampf eines autarken Bataillons, das den Vormarsch der Deutschen auf Moskau stoppt.
Heiner Müller adaptierte 1985 die Story des Buches für ein Theaterstück.
http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Bek
Tatsächlich wurde auch das Kloster in den Krieg involviert, als sich im Dezember 1941 die Deutschen nach der Schlacht um Moskau zurückzogen.
Es wurde durch die SS geplündert, und die Wehrmacht sprengte den großen Glockenturm und die Mauertürmchen.
Die Kuppel der Rotunde brach zusammen und begrub wertvolle Kunstschätze unter sich. Ihr Wiederaufbau (rechts oben) dauerte 1984–1993.
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:New_Jerusalem_belfry.JPG?uselang=ru

Den Tipp, das Kloster zu besuchen, gab mir unsere Moskauer Russisch-Dozentin, Ljudmilla Borisowna.
Da wir nur eine Aufenthaltsgenehmigung für Moskau hatten, das Kloster aber 50 km außerhalb liegt,
zogen wir typisch russische Winterkleidung an und sprachen auf der Zugfahrt dorthin kein Wort, das uns hätte verraten können.

Mit Duplikatorvorsatz digitalisierte Dias,
entstanden während meines Studiensemesters 1. August bis 18. Dezember 1986 in Moskau
mitten in der Gorbatschow-Ära