MEGACHILE - "MEGA-CHILLEN" im "Freilandlabor" (-: - Wie wenig braucht's, um glücklich zu sein !

Nur einen Haufen Rosen- und ein paar Papierblätter, Stift und Zentimetermaß.
Und natürlich einen Rosenstrauch mit einer Wildbiene in der Nähe.
Habe gestern in etwa sechs Stunden 96 (alle gefundenen) von zwei Blattschneiderbienen (M e g a c h i l e willughbiella) im Zeitraum vom 8.6. bis 5.7.2013 angeschnittene Rosenblattfieder abgepflückt, die 274 Löcher ausgemessen, nach runden und ovalen Löchern sortiert, die Stellung im Fiederblatt mit eingerechnet - und heraus kam folgendes:
1.) wird das End-Fiederblättchen von den meist 5 oder 7 Teilblättern deutlich bevorzugt - man sieht es ja auch immer am besten, egal wie der Rosenstrauch steht.
2.) Nach endgültiger Bestimmung auch der kleineren, "ersten" Biene nach den Fotos mit Hilfe von Scheuchl handelt es sich auch um dieselbe Art. Sie ist mir gegenüber der größeren nur viel kleiner vorgekommen. Das ging mir schon öfter so: je mehr man sich mit einem Insekt beschäftigt, umso größer kommt es einem vor ("selektive Wahrnehmung"). Beide Weibchen (und nur diese schneiden Blätter) sind ca. 14 und ca. 16 mm lang; woanders steht als Maß für die Art (einschl. der kleineren Männchen) 12 - 16 mm; wahrscheinlich habe ich dabei das größte und das kleinste der Individuen erwischt - vielleicht auch aus zwei Populationen. Das fast zeitgleiche Auftreten am selben Busch zum Schneiden der Blätter spricht auch dafür. Es sind wohl - bei dem mehrfach beobachteten Abstand der Aktivität von genau 4 Minuten - nur zwei Bienen gewesen.
3.) Bei den runden Blattabschnitten sind es 6 - 12 mm Durchmesser (Max. = häufigste bei 7 mm), bei den ovalen 7 - 23 mm (Max. bei 9 mm). Da Insekten zwar lernen können, aber nicht wachsen, halte ich die Größe der Ausschnitte ganz einfach für körperlängenbedingt. Die Tiere benutzen ja - wie die Honigbienen beim Wabenkonstruieren - ihren Körper als Zirkel und Bandmaß.
Die beiden häufigsten Größen für die ovalen Ausschnitte liegen bei 12 und bei 20 mm. Man kann es an den gezeichneten Kurven ablesen.
4.) Bei Bach (1871!) steht bei der Art M. centuncularis (dieselbe?),daß jeweils 9 (ovale) Blattstücke für die Zelle und 3 (runde) für den Deckel gebraucht werden; das entspricht genau dem hier festgestellten Ergebnis von 1:3.
5.) Bei insgesamt 274 Blattstückchen der zwei Bienen mit davon 91 runden und 183 ovalen ergibt sich für jedes Weibchen (bei 12 Stücken pro Zelle) die Herstellung von etwa je 12 Brutzellen. Das ist eine ganze Menge Arbeit - die Lebensarbeitszeit einer Biene dürfte damit fast beendet sein, schätze ich.
6.) Bei immerhin 16 fotografierten Schnittvorgängen und 4 unvollendeten Schnittversuchen (die selten sind) - davon je zwei als Foto und 4 als Blattbefund (=22 Dokus) - kann man bei 20 (=91%) feststellen, daß die Biene beim Anschneiden zu Beginn so auf dem Rand des Blattes sitzt, daß sie zur Basis, d.h., zum Blattstiel, sieht. Übrigens könnte man auch an der Form der ovalen Ausschnitte (meist) erkennen, wie herum die Biene auf dem Blatt saß. Diese Zählerei habe ich mir aber erspart; sie ist auch nicht ganz einfach.
7.) Eine "Händigkeit" (Rechts- oder Links-Bevorzugung) gibt es offenbar - der Verteilung der angeschnittenen Blattfieder nach - nicht.
8.) Die (gegenüber den kahlen Blattadern behaarte) Mittelrippe wird nicht "gemocht". Nur ein einziges Mal fand ich einen Schnitt, der sie mitbenutzte, zweimal bog der Schnitt an der Mittelrippe um; die Form des Blattstückes ergab sich dabei wie geplant. Nur bei zwei Schnitten ergaben sich kleinere Blattstücke als üblich, weil ein vorhandenes Loch mit angeschnitten wurde.
Die Biene muß also ganz genau planen - wie ein Tischler, der aus einer Platte verschiedene Stücke sägt.
9.) Ich habe mal wieder schriftlich teilen gelernt, was ich völlig verlernt hatte (viertes Schuljahr!); in meinem selbstverursachten Chaos habe ich den Taschenrechner nicht gefunden . . .

Nicht mal ein ganzer Arbeitstag war nötig, um diese interessanten Feststellungen zu machen - mit fast keinen Hilfsmitteln. Man braucht eben wenig, um glücklich zu sein . . .

DIE WUNDER WERDEN DURCH DIE ERFASSUNG NICHT WENIGER, EHER MEHR - wie diese Nanotechnik mit dem Gedächtnis bei dem nur punktgroßen Gehirn funktioniert, wird keiner so genau wissen . . . Bach (1871!) schreibt: ". . . so ist im hohen Grade zu bewundern, daß die Biene jedesmal weiß, welches Stück sie nun braucht, welche Gestalt und Größe es haben muß. Daß es rundlich wird, folgt aus der Art, wie sie auf dem Blattrande sitzt; daß es aber größer oder kleiner wird, ist offenbar die Folge einer Wahl." - Genau meine Gedanken, die ich vor dieser Beobachtung hatte, und die mit dieser kleinen Studie untermauert werden!

DANKE, BIENCHEN !

6.7.2013

D-LUX 3 // 6.3 mm // 4.9 // 1/60 // 100