Auf Zeitreise I

Beschreibung

Sogar Preußenkönig Friedrich II., schon zu Lebzeiten Friedrich der Große und später dann „Alter Fritz“ genannt, hatte sich an diesem Wochenende höchstselbst ins Manövergebiet auf Schloss Fasanerie bei Fulda begeben.
Dorthin hatte die Hausstiftung der Landgrafen von Hessen und die Gesellschaft für hessische Militär- und Zivilgeschichte zu einem lebendigen Geschichtsunterricht über das 18. Jahrhundert eingeladen.

Als sei Friedrich wieder auferstanden - oder zumindest sein kongenialer Kino-Darsteller


Otto Gebühr -, so nah war der „Fuldaer Friedrich“ dem Original.
Nur sehr viel liebenswürdiger als das Vorbild.

Dabei hatte die Welt mit größten Hoffnungen auf den Hohenzollern-Spross geblickt. Als sein Vater, der Soldatenkönig Friedrich-Wilhelm I., 1740 starb, glaubte man, der junge, hochbegabte Aristokrat, der sich lieber an Flötenspiel, Philosophie und französischer Poesie denn als am Kriegshandwerk ergötzte, werde nun ein Königreich aufgeklärter Humanität errichten, mit den Musen der schönen Künste als seine Minister.

Und tatsächlich war er ja
groß in seinen Taten - aber auch groß in seinen Widersprüchen. Ein Mann voller Genie und tiefer Abgründe. Kindheit und Jugend waren ein einziges Fiasko. Wahrscheinlich eine der entscheidenden Ursachen für seine multiple, exzentrische Persönlichkeit.
Der Erste Diener seines Staates wollte er sein - mit Absolutheitsanspruch. Als Philosoph hatte er leben wollen - und musste doch als König handeln, oft einem Hasardeur gleich, der sich in die verwegensten kriegerischen Abenteuer stürzte.
An Voltaire, den er vergötterte, schrieb er 1740, "daß ein König tausendfach unglücklicher ist als ein Privatmann". Er, Friedrich, empfinde sich als "Sklave der Launen so vieler anderer Mächte, und was meine Person angeht, kann ich nie, wie ich will".
In der politischen und gesellschaftlichen Realität Preußens noch ganz der aristokratisch-dynastischen Geisteshaltung seiner Zeit verhaftet, flatterte sein aufgeklärtes Denken über religiöse Toleranz, Gleichheit vor dem Gesetz, Rechtsstaatlichkeit und Wohlfahrt für alle aber schon wie die Fahnen seiner Truppen einem neuen Aufbruch in eine bessere und gerechtere Welt entgegen. Doch der Greis von Sanssouci sollte sie selbst nicht mehr erleben.
Der "böse Mann" und "Barbar" - wie ihn seine Feinde nannten - blieb zeitlebens seiner Widersprüchlichkeit verhaftet: zwischen Kanonendonner und Flötenkonzert, zwischen Achtung vor Gesetz und Justiz und Rechtsbruch, zwischen Despotie und Staatsaufbau, kriegerischem Landraub und ziviler Landgewinnung durch Trockenlegung des Oder-, Netze- und Warthebruchs, zwischen Sehnsucht nach wahrer Liebe und gnadenlosem Zynismus.

Genie und tragische Figur, eine Wetterfahne der Politik, wie er es selbst ausdrückte, endete er in den Geschichtsbüchern als der Alte Fritz mit dem Krückstock. Geliebt nur von seinen Windspielen.