Ein Hauch von Tod

Als ich Paul zum ersten Mal treffe, sitzt er in einem alten Lehnstuhl und dreht sich eine Zigarette. Das lange T-Shirt verdeckt nur spärlich die abgemagerten Schultern, gibt den Blick frei auf dünne, knöcherne Arme, die wie schützend über dem gewölbten Bauch liegen. Unter der leichten Decke ragen unförmige Beine hervor. Abgezehrte, hautige Schenkel, gespannte, dicke Waden, aufgeschwollene, rote Füße. Er streicht sich in Gedanken über den Kopf, auf dem vereinzelt und spärlich die ersten feinen Haarbüschel zu wachsen beginnen.
Zarter Flaum, Hoffnung, sich mühsam behauptend, gegen Gift und Krankheit.

Er erzählt mir, wie es anfing mit der Krankheit, vor ein paar Monaten, so aus heiterem Himmel und wie alles auf einmal ganz anders war. Er spricht ruhig und scheinbar gelassen, über seinen Zustand, sein bevorstehendes Ende. Ohne Scheu benutzt er die Worte Tumor, Metastasen, Tod und Sterben und ich bin seltsam berührt von seiner Ausstrahlung…

Schneevogel (1/9)

http://www.youtube.com/watch?v=l04epdSEvtQ