Idylle - Versuch 1

Beschreibung

Handygraphie im Februar 2007 - Liebevoller Digitalzoom

Zu meiner Lesung am 24.2.2007


Jonathans Vorworte


Die Nachbarschaft lässt meinen Kopf rauchen. Ich grüble manchmal den ganzen Tag über ihr Tun. Sie sind alle wie eine mittelgroße Großfamilie, in der das Kind im gelben Petroleumschein mit dem Armspeck spielt und wo die Großmutter, dem szenischen Sinne nach spinnt. Sie sind wie Familie, obwohl ich ja mit den meisten von ihnen noch gar nicht gesprochen habe. Aber so ist das, auch die eigene Familie kann schweigen. Je unkommunikativer wir miteinander umgehen, desto mehr spielt sich in den Gesichtern der Nachbarn ab, werden sie zu Bekannten, zu Jüngern und Unterhaltern meines nach Brot und Spielen süchtelnden Wesens.

Käthe ist meine Freundin, wenig über vierzig, wie ich selbst und sie sagt, ich hätte die berühmteste und unvollkommenste Nachbarschaft, die sie kennen würde. Was sie mit dem letzten gemeint haben will, bleibt mir hinlänglich verborgen. Die Nachbarn sehen aus wie Fernsehstars, Politikervisagen, Wasserträger und Mattscheibenmodels.

Käthe wollte mal zum Film, dort den hurtigen Anweisungen eines verschlafen sicheren Regisseurs geziert folgen. Sie liebt es, wenn sich Menschen für eine Rolle schmücken – aufwändig. Wenn Frisurarbeiter verzweifelt an ihren störrischen Haaren wuchten. Käthe hat Locken.

Komparsenrollen sind es geworden, immerhin bei xy, dem Großstadtrevier und nie bei der Lindenstrasse, dafür aber beim siebten Sinn, aber mit gelegten Haaren und Sturzhelm.

Wenn die Glotze aus ist und mein Spion zum Treppenhaus an, dann sehen diese Nachbarn aus, wie diese Fernsehgesichter. Wie gesagt, ich kenne sie nicht näher. Käthe kennt sie alle, mit allen Sozial- und wenn es drauf ankommt sogar Körperwerten. Einmal ist Käthe Zuschauerin in einer politischen Talkshow. Die kühle Dame aus dem Norden heißt Sabine Christiansen. Schick fallen famos helle Strähnen in ihre Stirn, unter der sich eine konzentrierte Befragerinnenlinie verbirgt. Käthe beeindruckt diese Dame, weil durch die Wellen des digitalen Kabelfernsehens zu vermuten ist, dass Sabine Christiansen bei all ihrer Arbeit unangestrengt gut riecht.

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aus "Zwischen Tee und Nowottny" - dem Buch - welches bestellbar und fotografierbar ist - siehe auch unten.

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