Der blaue Himmel passt zum Wein

Beschreibung

Actionsampling im Oktober 2007 mit Konica Minolta Centuria 100 - Diascan

Dazu eine neue Geschichte

Im Büro

Im Büro fallen keine Sterne vom Himmel, dafür aber der Putz von der Decke. Das Telefon hält keine Sekunde still. Ruhelos schaue ich aus dem Fenster. Ich lasse es läuten. Draußen wehen lange blonde Haare. Ich beobachte sie von weit oben, bis sie hinter der nächsten Bürohausecke verschwinden. Drüben schieben sie Hausfrauen ab. Zurück zu ihren Hausmännern. Mich jucken die Fußsohlen. Ich versuche mich durch die Kreppsohle meiner nagelneuen Stadtschuhe zu kratzen. Die Schuhe sind hell und freundlich und Käthe hat sie für mich ausgesucht, liebevoll und bestimmend. Ich schwebe wie auf gutgemachten Rühreiern durch den Raum. Die Sohlen federn, sie machen leicht. Sie sind wie verbotene Katapultschuhe für Hochspringer. Im Büro neben mir erfüllt sich Herr Schmidtke einen alten Jugendtraum und versohlt den Hintern einer brasilianischen Schönheit mit einem Sexspielzeug. So einen wie man ihn vom Karneval in Rio kaffeebraun tanzend und schwindelig machend, kennt. Die junge Frau hat hörbar Vergnügen an dieser Behandlung. Ich schließe betont angewidert meine Bürotür und schaue mir die Speisekarte auf meinem Computerbildschirm an. Es gibt Rollbraten in Pflaumensauce und „Wir sind verpflichtet auf die künstlichen Aromastoffe aufmerksam zu machen.“

Herr Schmidtke führt Roberta zum Essen aus. Ich versuche unanständig hinterher zu glotzen und dazu zugehören. Sie blickt sich um und winkt mir zu. Der Praktikant vom Chef meint, dass ich hier fürs Arbeiten bezahlt werde. Chefpraktikanten sind wie gestopfte Löcher im System. Ihre unreine Haut atmet nicht vor lauter Bosheit. Ich nehme mir also ein Herz und zertrümmere mit meiner Faust seinen Kiefer. Andere haben schon mit gebrochenem Kiefer weiter geboxt. Dieser hier nicht, Charakter gehörte noch nie zu seinen Stärken.

Endlich Mittagspause. Roberta und Herr Schmidtke winken mich an ihren Tisch. Sie erzählt Anekdoten aus ihrer Heimat. Ich sehe sie über den nächtlichen Straßenasphalt tanzen. Herr Schmidtke steckt seine Zunge so tief in den Hals der jungen Brasilianischen Kollegin, dass ich Würganfälle kriege. Mein Rollbraten bleibt in der Pflaumensauce kleben. Ein Krankenwagen fährt vorbei. Der Chef setzt sich zu uns und klopft mir anerkennend auf die Schulter: „Gut gemacht Herr Krawittel!“, sagt er, „sie haben Durchsetzungsvermögen!“ Mit Blaulicht wird sein Praktikant in die Klinik transportiert.

„Ach wissen sie Chef!“, sage ich, „ich weiß eigentlich nie, wann ich richtig liege!“ Der Chef kneift mir tröstend ins Ohrläppchen. Vielleicht werden wir irgendwann noch mal Freunde.

16. Oktober 2007

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