Sonnenschein in der 12 Stunden Schicht

Beschreibung

Foto 12. April 2014 - Blick aus dem Assistentenzimmer


Sonnenschein in der 12 Stunden Schicht


Der Scheff schläft, oder schaut wie ich aus dem Fenster. Es ist so ein Nachnebelwetter. Also glasklarer Himmel. Die Elbe wird zum Spiegel der „Weiße NachthemdträgerInnen“. Mein rechter Daumen ist ganz abgenutzt, vom Fingerabdrucknutz auf meiner Abdruckerkennungstaste auf meinem Telefon. Der Taste mit der Goldkante. Ich habe Semmelpause oder wie man hier im Norden sagt: Kaffeedurst. Die schon eingemilchte fair gehandelte Brühe fließt lauwarm aus meiner modernen Thermoskanne, die in der Sonne glänzt wie Industriestahl vor Arbeitermuskeln.

Auf dem Bildschirm laufen alte Videos, die hier die Kollegen zu unserer Belustigung auf DVD gezogen haben. Ruck Zuck mit Werner Schulze Erpel z.B. oder wie der noch mal hieß. Ich habe eines der letzten Interviews mit dem von Krebs gezeichneten Werner Schröter ins System eingepflegt, welches Dietrich Kuhlbrodt in Wien mit ihm führte.

Auf einem Stück Hundewiese vor dem Fenster sonnt sich eine blonde Schönheit in ihrer grauen „Ich geh zur Tanke“ - Jogginghose. Ihr Brustkorb hebt sich leise und senkt sich wieder ab. Er hebt sich und senkt sich. Erhebend und bedrückend. Weiße Ohrstöpsel sorgen für Musik gegen ihr inneres Rauschen. Der Kopf bewegt sich zur Musik und nicht zur Brust. Ein streunender Hund kommt vorbei und schnüffelt an ihrem Hals. Er erkennt ihn als Baumwurzel an. Das kurze Sonnenbad ist vorbei.

Gegenüber faltet ein viel zu kräftig gebauter Jugendlicher seine alte Mutter zusammen. Er macht dies sorgfältig, bevor er sie zum Altpapiercontainer trägt.

13. April 2014


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