Gelebte Emotionen 53

Beschreibung

Als Gott nach Eidelstedt kam

Eines grauen und verregneten Samstags machte er mal wieder auf verlängerte Arbeitswoche. Längst hatte er beschlossen kürzer zu treten, denn der alte Herr war in die Jahre gekommen. Aber seit kurzem hatte er eine junge Freundin, die ihm wahrlich gut tat. Sie war Fremdsprachenkorrespondentin und arbeitete fürs ZDF. Das gefiel freilich einem älteren Herrn. Konservativ gekleidete, ordentliche und forsche junge Damen passten in sein Weltbild. Emanzipiert und gefügig, schön, aber nicht intellektuell, sondern fleißig und dennoch nicht nur auf die Karriere aus. Da zumindest ihm ewiges Leben beschieden war, dachte er auch über Kinder nach. Also nicht über von ihm Geschaffene, sondern auf natürlichem Weg entstandene, durch die Vermählung des sauberen Fleisches, zweckorientiert und ohne unnötige Hintergedanken.

Durch diese Frau, Maike hieß sie, hatte er Kraft für zwei und arbeitete jetzt auch mal wieder am Samstag. Natürlich immer noch nicht am Sonntag. Alte Prinzipien wirft man nicht so einfach über Bord. Jenen Samstag besuchte er nach 1000 Jahren wieder Eidelstedt. Er hatte eigentlich diesen Stadtteil schon aufgegeben. Denn hier geschah eh nichts Erfreuliches. Dieses Eidelstedt lag nur da und das einzige was über diesen Ort zu berichten war, war, dass ein Proletendichter die Zeilen „Mamor, Stein und Eidelstedt“ erfunden hatte. Völlig sinnfrei, wie zum großen Teil das Leben dort. Gott sah sich traurig sein Eidelstedt an und schüttelte mit dem Kopf: „Wie sieht es denn hier aus?“ Dann brummte sein Handy zufrieden und satt. Maikes Nummer leuchtete auf und Gott lächelte wieder.

15. April 2013



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