Alstertalromanze 270

Beschreibung

23.9.2011 im schönen und lieblichen Alstertale


Nachbarin und Nachbar im Alstertal

Über den eigenen Garten hinweg schaue ich der Fremden zu, als gehöre sie zu mir. Der Nachbarin, wie sie Wäsche sortiert, ihr Kind sorglos zur Seite legt, oder auf dem Rasen liegend Emily Dickinson liest:
„hope is the thing with feathers
that perches in the soul -
and sings the tunes without the words -
and never stops at all.“

Romantisch ist sie also auch, hinter ihrer Brille, ihren blonden kurzen nackenfreien Haaren. Sie sieht mich immer wie aus einem Erdbeerkuchen an, welcher in der Mitte angeditscht wurde, wenn ich sie betont kurz grüße. Währenddessen denke ich immer, was ich gerne mit ihr täte. Nur glaube ich, dass sie, so fragend wie sie schaut, erst Filme sehen müsste, in denen so was getan wird. Zwischen Mensch und Mensch. Eine dieser Tätigkeiten wäre, über den Ohlsdorfer Friedhof spazieren gehen und sie am Nacken zart führen und Nerv tötend belehren, was ihre auffällig unbedarften Erziehungsmethoden angeht. Ihr Sohn soll schließlich nicht verweichlichen und beim Eierlaufen X-Beine bekommen. Ich mag ihr Kind nicht. Es sieht knollig und knubblig aus. Wie eine Kartoffel.

Der Knabe verunziert die Mutter, die so grad und schmal ist und aus deren Haushaltsjeans manchmal der Stringtanga rausschaut. Man sollte ihr sagen, dass sie sich nicht so präsentieren darf. Es gibt Künstler hier in dieser Gegend, die einsam sind und aus dem Fenster gucken. Die kriegen sich nicht mehr ein. Ihr Anblick ist deren größtes Tagesereignis. Es gibt hier Maler, Fotografen und Dichter. Mit Sicherheit ist ihr Arsch schon zig mal mit dem Bleistift skizziert worden. Denen ist das dann peinlich, wenn sie an der Tür klingelt und fragt ob sie sich mal den Infrarotstrahler für ihre Nasennebenhöhlen ausleihen darf. Denn erst einmal haben Künstler so etwas nicht und zweitens ist sie einfach nur zu schusselig, um sich selbst einen zu besorgen. Jeder Haushalt mit Ehering und Oma hat so was. Aber so was weiß sie eben nicht. Warum weiß sie so was nicht?

Ich sehe sie mir wirklich gerne an ohne Absichten. Nur die üblichen, die eben jeder Nachbar hat. Man möchte ihr halt zur Hand gehen, ohne dass sie Ansprüche stellt.

Kann sie ihr Kind nicht zu Adoption freigeben oder versehentlich im Park vergessen!? Es ist wirklich kein schönes Kind. Und sie ist keine gute Mutter. Es gibt so viele Frauen um die fünfzig mit verschleppter Senusitis und verschlepptem Kinderwunsch, die gerne hässliche Kinder hätten. Nicht nur hässliche Kinder, auch besonders blöde Kinder. Und dieses Kind erfüllt beide Kriterien hervorragend. Besonders nackt. Im Sommer ist dieses Kind nackt. Schrecklich. Und zu blöde um gradaus zu laufen. Da ginge mancher Übermutter das Herz auf.

Sie – meine Nachbarin - hat nämlich so langsam gemerkt, dass ihr Kind so lala ist und wird immer nachlässiger und holt es als Letzte vom Hort ab. Da bekommt sie dann böse Blicke von Kaffee trinkenden Erzieherinnenschlampen.

Ich habe mir vorgestellt, sie mal zum Essen einzuladen. Dorade oder Boeuf Stroganoff und einen guten Wein dazu, einen besonders guten, einfach weil ich davon ausgehe, dass sie von Wein nichts versteht. Da kann ich sie dann mit Hängen und Öxle zuschwallen. Man könnte sich über Gartenarbeit unterhalten z.B. Wie schön das wäre.

24. September 2011

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