Klagenfurter Melancholie 2

Beschreibung

Klagenfurt, Flughafen 29.6.2010

Pentax MX Rossmann 400 schmutzscan


Hund


Vor über zwanzig Jahren starb mein Hund. Ich vergrub ihn im Garten. Danach war kurz Ruhe. Dann, eines Tages besuchte mich Ruth Leuwerik. Wir machten einen Spaziergang. Sie hatte einen Pudel dabei. Es war das ideale Tier. Wir gingen durch Hinterhöfe. Wir ließen Hofhunde bellen. Ich sagte „ach“. Ihr Pudel war so schön - so schön. Am Abend schlief ich in ihren Armen ein.

Die Videokassette rumorte. Das Band stöhnte. Maureen O’Hara flitzte durchs Zimmer. Ich nahm bei ihr Flugstunden.

Vor über zwanzig Jahren, im Jahre 1988, starb mein Hund. Seit dem erzählt er mir jede Nacht Geschichten. Ich höre ihn unter der Grasnarbe sprechen. Ich höre ihn in Adern des Gartens faulen. Ich höre ihn riechen.

Ruth war wie eine Mutter zu mir. Unsere Beziehung war nicht oberflächlich. Sie war unterflächig. Sie erzählte von Dietrich Fischer-Dieskau. Ich lachte und sagte: „So etwas muss es auch geben, warum nicht!“ Sie war eine Dame und scheuerte mir keine.

Mein Hund sprach in einer fremden Sprache. Wenn ich schlief, verstand ich ihn. Wenn ich wachte, waren alle meine Übersetzungscodes zerstört.

Ruth als Eurydike in meinem Garten, die thrakische Dryade, nicht immer gerecht, aber schön. Und mein Hund sprach, es war der Hund und nicht der Gesang des Orpheus.

Ich habe irgendwann mal einem alten Mann über die Straße geholfen. Dann kam ein Auto und ich bin weggelaufen und ließ den Mann allein. Ich hörte es nur noch krachen. Ich bin gelaufen und gelaufen. Vielleicht hat sich das irgendwann einmal gerächt.


10. Juli 2010

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