Ansprache an das Volk

Beschreibung

Graz

Pentax MX Rossmann 400 schrammscan

26. Juni 2010

Liebes Geschmeiß,


ich habe so langsam die Faxen dicke. Ich bin doch nur euer Schmutzfink in den Zeiten des Sommerlochs. Ich bin stets der, der euch schlechte Nachrichten als gute Nachrichten verkauft, der am Graben steht, dass Rinnsal sucht und von klarem Quellwasser spricht. Ich verkaufe euch immer noch die Urquelle aus Zeiten, in denen nicht nur die Krankheitserreger erblüht sind. Ich mache Discounthochglanzbilder von blühenden Landschaften und kombiniere Frühlingsrauschen mit Sommerliebe.

Dabei stehe ich knietief in eurer Schuld. Ich stehe im Soldatenblut und auf unbezahlbaren Zahnprothesen. Ich besuche betagte Ehrenvorsitzende in privat versicherten Einzelzimmern. Ich prostituiere mich mit cholesterinarmen Geschäftsessen, vögle Diätkuchen und verteidige Diäten. Ich reite euch fortwährend in den Bockmist meiner Kollegen und habe dennoch das ehrliche Anliegen euch Undankbare gesunden zu sehen.

Aber was macht ihr? Ihr zerkratzt mir den Lack auf meinem Lexus. Habt ihr denn vollkommen den Verstand verloren? Kann es sein, dass ihr den buchstäblichen Arsch offen habt? Ihr wisst doch gar nicht, wie tief Trauer wirken kann. Lack allein macht nicht glücklich, aber er beruhigt. Ich weise meinen Fahrer oft an, dass er anhalten soll. Dann lasse ich die Panzerscheibe runterfahren und rede mit einem von euch. Egal, welchen Penner ich da grad erwische. Ich ertrage euren Geruch nach Bier aus Ostdeutschland, oder solchen nach Billigparfüm von Schlecker. Ich mache auch gerne mal einen Scherz. „Na mal wieder einen abgelaufenen Joghurt mitgehen lassen, gnädige Frau!“

Ich habe Anwälte. Und wenn ich den erwische, der mir den Wagen zerkratzt hat, dann lass ich den erschießen. Öffentlich. Ich scheiß auf Amnesty International. Denn alles hat seine Grenzen. Es kann doch nicht sein, dass ihr eure eigenen Kinder im Dönerladen buchstäblich feil bietet, euch einen Scheißdreck um deren Bildung und Zukunft kümmert und jammert, wenn ihr Schulausflüge nicht zahlen könnt. Wo bleibt denn da eure Kultur? Ihr benehmt euch nicht wie mein Volk. Ihr benehmt euch wie Krücken ohne Zukunft. Ihr funktioniert einfach nicht mehr.

Privat und ganz persönlich geht es mir gut. Danke der vielen Nachfragen. Meine neue Frau wird bald mündig, ihre Mutter besorgt derweil unsere Wäsche. Meine Mutter hat mir geschrieben, dass ich mit etwas längeren Haaren und ohne Bart gefälliger aussehe. Unsere Zwillinge sind in der Obhut von Katharina Saalfrank gut aufgehoben. Ich lege besonderen Wert darauf, dass sie ihre Stärken als Musiktherapeutin auslebt. Schließlich muss kindgerechte Entwicklung ganzheitlich gesehen werden.

Morgen hat sich Peter Lindbergh für ein Familienfoto angesagt. Das wird nett werden.

Hochachtungsvoll Euer Präsident.


5. Juli 2010

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