Österreichische Traurigkeit

Beschreibung

Graz

Pentax MX Rossmann 400 und Weltfaaabenscan

25. Juni 2010

Österreichische Traurigkeit


Am Anfang war die Teebutter. Sie lag neben dem Ei, vor den immergrünen Wiesen im Tal, ohne zu klagen. Peter Wawerzinek gewinnt dieses Jahr, letztes Jahr Jens Petersen. Nur Klagenfurt bekommt davon scheinbar nichts mit. Ingeborg Bachmann würde es verschmerzen können. Die Sonne scheint. Frankreich und Italien verlassen frühzeitig Afrika. Ich schlängle mich durch die Gassen. Nicht durch die Straßen, die Gassen wohlgemerkt. In einem Land bin ich, in dem sie Milchkaffee Cafe Latte nennen. Nicht einfacher, doppelter Espresso. Muss man immer dazu sagen und sich bekennen, ob es passt.

Wenn es nicht passt, wird’s passend gemacht. Kärtnerisch oder Steiermark IV ... oder fünf. Passt scho. Die Bremsspuren von Haiders Phaeton sind nicht mehr zu lesen. „Der hat hier ein Chaos hinterlassen!“, sagt eine belesene Dame in der Bahn. In Velden stellen sie Maseratis neben Lamborghinis auf. So hieß doch die Tochter eines dieser Hersteller, oder war es Porsche? Naturradler ist Gösser mit Fruchtbrause. Sodaradler ist Bier mit Naturwasser. Schmeckt dem nüchternen Norddeutschen besser. Erfrischend bei dieser Niederalpenhitze. In Graz ist es schön. Ungarisch mischt sich frisch in den Hinterhöfen zum slovakischen Handytalk. Die Teebutter gibt’s in Bioqualität und A faire Müch für 10 Cent mehr für den Bauern gibt’s auch. Leider auch sehr günstige Zweigeltsäure.

Und immer nur Blaufränkischer macht so eine Reise teuer, zumal der letzte Billa am Bahnhof um neun Uhr zumacht. Dann gilt es die Fröhlichkeit abzulegen und einmal mehr im richtigen Maße Traurigkeit zuzulassen. Ich denke so, weil auch ich gerne mal traurig bin: passt scho. Kässbohrer machen krach an den Baustellen der Stadt. Über Graz wacht Tag und Nacht der Schlossberg mit dem Uhrturm. Kann man mit Fuß, Fahrstuhl und Schiene rauf. Ist man oben, dann zieht es einen wieder in die Stadt. Schuhe, Buttermilch, Billa und Bipa. Da geht man Urlaub kaufen. Ist lecker und Sightseeing macht müde.

Versacken im Bermudadreieck in der Grazer Altstadt. Nachrichten hören. In Judenburg bei Zeltweg ist ein Jugendlicher festgenommen worden. Da in der Nähe von Spielberg, dem ehemaligen A1 Ring. Da also. Laudatio. Und an den Flughäfen Smarts von Lauda zum leihen. A1 heißt heute ein Mobilfunkgebieter. Und Telefone nennen sich Superphones. Superphonieren soll billig sein in Österreich. Einfach weil, da muss man über die Traurigkeit sprechen. Und es braucht manchmal schon ein paar Worte mehr. Man solle gelegentlich eine plötzliche Bremsung bedenken und deshalb die Haltegriffe in den Straßenbahnen benützen. Und nach Mariatrost geht’s aufi und rucken muss man umi.

Zurück nach Klagenfurt. Ein Abend voller Abschied. Die Leute sind bemüht und freundlich. Mc Donalds hat dem Wiener Wald längst den Rang abgelaufen. In einem Fünfsterne-Schuppen esse ich die schlechteste Pizza des Lebens. Ungebackener Pizzateig mit geschmacklosen Zutaten. Doch die Bedienung will hier nicht weg. Sie hat viel zuviel Angscht. Mit Augenzwinkern gibt’s für 20 Euro eine Flasche Zweigelt mit Schraubverschluss aufs Zimmer. Die Österreicher verdienen schon recht gut an uns Deutschen, aber so recht glücklich macht sie das nicht. Ich verstehe das, schließlich wissen wir ja immer alles besser.

Der 46 Euro Aufschlag im ÖBB IC wird bis zum nächsten Besuch verschmerzt sein.

Servus.

1. Juli 2010

und das ganze auch noch als Film

http://www.youtube.com/watch?v=nuqUUA-aj64



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