Saul Leiter - Retrospektive

Beschreibung

11.3.2012

http://www.deichtorhallen.de/index.php?id=222

So jetzt war ich auch da.
Die riesige Halle, das sog. "Haus der Photographie" ist mit über 400 Arbeiten durch ein großzügiges Wände-Labyrinth behängt. Beginnend mit einer Wand welche Lebenslauf und einige sw Frühwerke als Kleinstabzüge beinhaltet, darunter in etwas größer eines, welches den Meister mit seiner Graflex zeigt.

Allein die sw Fotografie nimmt schon einen enormen Raum ein, was zunächst etwas verwirrt, da die Farbfotografie ja im Vordergrund stehen soll. Immer wieder Gesichter, auch in sw komplexe, vielschichtige Arrangements und auch gerne immer wieder Schuhe und Füße, kaputte Schuhe aus den Endvierzigern, die einzig ein sozialkritisches Flair verbreiten und dies offensichtlich. Ansonsten durchgängig sehr subtile Bildsprache, auf keinem ein "Holzhammer". Ausgesprochen "schöne" Fotografie. Sehr malerisch, verspielt, aber extrem genau. Selten kommt mir ein Fotograf vor, bei dem mir der Schnitt immer als komplett schlüssig erscheint. Insgesamt fast zu schön. Eben ein Fotograf mit ungeheurem Respekt, der das ihn anschreiende Elend nicht zeigen will. Fast alles in seiner Umgebung in New York fotografiert, bspw. auch die Schuhe 1949 von John Cage. Seine Wohnung bewohnt er seit über 60 Jahren dort.

Am duftigsten, am malerischsten die großformatigen Farbarbeiten. Auch einigermaßen gut gehängt, was man von der gesamten Ausstellung leider nicht sagen kann. Zu eng vieles, zu viel auf einem Haufen zum Teil. Dazwischen Schaukästen von seiner Mode und Werbefotografie. Fotografien für Haper´s Bazaar vor allem, welche zeigen, dass seine Bildsprache sich dort fortsetzt. Ein Beweis dafür, dass Sujet und Genre einen wirklich guten Fotografen, der seinen Weg und seine Idee gefunden hat, nicht dazu zwingen technisch komplett anders zu arbeiten.

In der Menge der Arbeiten gehen seine Gemälde und Aquarelle eindeutig unter. Auch von ihnen hängen so viele, dass um sie zu erfassen ein zweiter und dritter Besuch vonnöten wäre. Interessant allerdings in einem kleinen ruhigen Raum in der Mitte der Halle eine Ausstellung in der Ausstellung. Eine Hommage an seine 2002 verstorbene Lebensgefährtin Soames Bantry mit Gemälden von ihr und sein Bekenntnis zur Liebe und Freundschaft dazu.

An einer Wand hängen Bildschirme mit angeschlossenen Kopfhörern, auf denen verschiedene Dokumentationen über Saul Leiter laufen. Ein Film zeigt wie er im Februar einen Tag vor der Vernissage die Ausstellung in den Deichtorhallen begutachtet. Ein kleiner freundlicher Mann von knapp 90 Jahren mit rundlichem Gesicht und Schlapphut, der fragt: ist das nicht alles ein bischen zu viel? Mein Gedanke!

Er scherzt mit den Kuratoren, lässt sich für die Mitarbeiter fotografieren, selbst mit einer digitalen SLR ausgestattet, fragt nach der Kamera einer Mitarbeiterin und meint: Was für eine ist es? Oh - Lumix - fein!"

Wenn Zeit und Lust da ist, sollte man es sich ansehen und viel an Zeit mitbringen. Mich hats beinahe erschlagen.

Fataler Weise habe ich dann noch ein Bild, angeregt durch Saul Leiter gemacht. Es tut mir leid, aber ich konnte nicht anders.