Wie ich Terrorist wurde

Beschreibung

scan 80er jahre


Meine Schulzeit war eigentlich recht fade. Es gab nur ein paar aufregende Erlebnisse. Am schönsten war, wenn man mich in den Karzer sperrte. Ich konnte dort für mich sein und musste nicht am Unterricht teilnehmen. Hin und wieder besuchte mich eine „Medizinische Assistentin“ aus dem Hause und sah nach, ob ich mir das Leben nehmen wolle. Manche waren sogar sehr nett und streichelten mir übers Haar und ließen mich mit Absicht in ihren Ausschnitt gucken. Außerdem war ein kleiner Raum daneben, in dem sich ein paar Lehrer heimlich in den Pausen und Freistunden trafen, um es miteinander zu treiben. Niemand hatte bedacht, dass man im Karzer alles mithören konnte. Manche trieben es dabei wie die Schweine. Jedenfalls hatte ich den Eindruck. In dem Alter glaubt man halt, dass es Schweine auch so machen.

Zum Beispiel Frau Ottenroth, eine Norddeutsche Walküre und Herr Tüxen, ein spießiger Motorradfahrer mit Körperakne und gepflegtem Kinnbart. Die passten gar nicht zusammen. Sie benutzten jedenfalls die Worte, für die wir immer vom Lehrkörper gerügt wurden und manchmal sogar geohrfeigt. Herr Roleder ohrfeigte mich einmal so doll, dass mein Kopf nach hinten flog und mein Hinterkopf gegen die Stirn meiner Schulfreundin Beate knallte, in die ich damals sehr verliebt war. Sie rief „Au“ und daraufhin bekamen Beate und ich erneut eine gezimmert.

Roleder klingt schon so brutal. Aber das hätte er lieber nicht machen sollen. Immerhin machte ich nach diesen Ohrfeigen die ersten Peddingerfahrungen mit Beate.

Frau Ottenroth und Herr Tüxen hielten ihre Affäre derweil geheim. Nur ich erfuhr jedes Detail. Ich wollte nämlich die ganze Geschichte wissen und sorgte dafür, dass ich jetzt fast zwei Mal in der Woche in den Karzer musste und meistens auch dann, wenn Frau Ottenroth und Herr Tüxen eine Freistunde hatten. Die ganze Sache flog erst auf, als Frau Ottenroth und Herr Tüxen in ein und demselben Auto auf Sylt tödlich verunglückten und man die Leichen in sich verkeilt und leicht bekleidet hinter dem Lenkrad fand. Als dann die jeweiligen Lebenspartner der beiden davon erfuhren, gab es eine Riesenkampagne gegen unsere Schule, die in den Zeitungen als „Saustall“ und „Lockere Anstalt“ bezeichnet wurde.

Beate bekam dann mit, dass ich mich auch wegen der „Medizinischen Assistentinnen“ einkarzern ließ und machte mit mir Schluss.

Als ich 21 Jahre alt war, fühlte ich mich als schöner und attraktiver Mann und spannte Roleder seine junge neue Frau aus. Das war mir aber nicht genug. Roleder war noch Lehrer an meiner ehemaligen Schule. Ich beschloss, dass es nach einem Unfall aussehen solle. Dies gelang aber nie.

Deswegen bestritt ich eine andere Laufbahn.



13. Juli 2010