Lärmendes Entsetzen

Beschreibung

Foto 12.4.2010 Cafe Gnosa Hamburg

Lärmendes Entsetzen

Meine hellhaarige Jugend spult sich wie ein flimmernder „Super 8 Film“ durch meinen Kopf. Aber mit Ton. Der Ton vom Fliegen. Da war sie wieder. Susanne Meier-Karotin mit dem damals unhippen Zopf bis zur 501. Ihre Umarmungen waren so herzlich, dass ich tagelang nicht sprechen konnte. Sie kochte für mich auf der Straße. Frischer Tee oder eine klare Gemüsesuppe standen mir stets zur Verfügung. Das war ihr Leichtestes sozusagen.

Ihr Freund habe ihr das weiße aus den Augen geschlagen. Das habe sie positiv geprägt, was die Frage der Liebe anginge. Es käme eben nicht darauf an mit Blumen und aufgestellten Armhaaren ein sanfter Kerl samt „Golden Retriever Augen“ sein zu wollen. Man sollte schon auch mal ein Waschbeckenknie mit bloßen Händen würgen und umdrehen können. Man sollte Leitungen legen können, die laut im Schädel der Frau ankommen.

Ich packe das Leid, welches mich packt. Im Schreibwarengeschäft ist Zirkeltraining. Blut und Rachmaninoff brennen unter der Tapete. „Die Toteninsel“ von Böcklin ist zu hören. Unerträglich laut. Jeder Ton zerschmeißt Zellenkonstruktionen von feinster Kunstfertigkeit, die so schön sind, dass sie nur auf ihre Zerstörung warten. Man stelle sich vor ein komplettes 24er Zwiebelmusterset von Hutschenreuther geht zu Bruch. Millionen von Scherben. Ein Knall, eine Kette von Lärm. Das Ende der Welt. Und Mutter ruft von hinten mit ruhiger Stimme: „Auffegen!“

21. April 2010

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