Damenkino

Beschreibung

Dezember 2009 Gängeviertel

hp 5
vito b

Damenkino

Es war zu einer Zeit, als man sich noch darüber freute, wenn man von einem Mädchen mit einem überraschenden Schluckauf beglückt wurde. Damals konnte man noch die vergiftete Hälfte eines Apfels sofort erkennen. Wenn man sich auszog, tat man es ohne Hintergedanken, oder nur mit dem einen Hintergedanken.

Es lag Schnee. Immer lag Schnee, wenn es zur Stimmung und zur Landschaft passte. Vor dem kleinen Schreibwarengeschäft von Bruno Meyer geschah Erstaunliches. Eine lange Schlange an wartenden Kundinnen, stand vor der Ladentür. Nicht ein männlicher Kunde war unter ihnen. Die Frauen hatten sich schick gemacht. Sie trugen lange Kleider, die den Schnee berührten und hübsche Hüte auf ihren gemachten Frisuren. Sie begrüßten sich rege, lachten aufgeregt und schienen voller Erwartung zu sein. Manche rauchten Zigarillos, andere wiederum hielten sich mit Tee aus der mitgebrachten Thermoskanne warm.

Der Laden war geschlossen. So wollte es das Ladenschlussgesetz. Dennoch harrten die Damen verheißungsvoll aus. Nach diesem Vorfall mussten ein paar Frauen wegen Gefrierbrand behandelt werden.

Ein paar Tage später bedauerte Bruno Meyer das, durch eine Entschuldigungsanzeige in der örtlichen Tageszeitung. In seiner Anzeige vor ein paar Tagen hatte „Damen-“ anstatt „Daumenkino“ gestanden. Da aber nur Damen, anstatt der erhofften Däumlinge gekommen waren, musste wegen räumlicher Begrenztheit, der Veranstaltung eine Absage erteilt werden und die Damen hatten in der Kälte zu leiden.

Der Redakteur aber, welche die Verantwortung für den Tippfehler trug, und nicht etwa der brave unbescholtene Bruno Meyer, hatte fortan kein leichtes Leben mehr in der Gemeinde.



28. Dezember 2009




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