Moonwalk - eine aktuelle Wiener Geschichte

Beschreibung

Foto: Wien 27.6.2009

Moon Walk


Ohne Blut – kein Wien. Es treibt sich durch die Stadt. Mal laut, mal eiend und kauend. Paradeiser und Bankomaten halten am Leben, halten frisch und farbenfroh unter einer ewigen Dunstglocke. Die Wiener kaufen Leben. Sind vegan. Sind nicht, wie man denken könnte, nur viel Fleisch. Wiener und Frankfurter und Käsekreiner sind aus Nichtfleisch geschnitzt. Käsekreiner sind halb Käse und halb Kreiner. Der Käse ist die Blutbahn der Wurst. Aus jeder Kreiner kann man sich Käse einspritzen, so wie Ketchup aus einer umgedrehten Plastikflasche. Einspännig kann man sich Flüssigkeit nachgeben, immer braun wie wundervolle Kamelscheiße und immer ein Glas erstklassiges Leitungswasser dazu. Evtl. noch ein Omakipferl zum verspäteten Frühstück. Dann muss es aber auch mal gut sein. Man übertreibt nicht, ist schlank und höchstens in Fett gebacken wie ein Schnitzel.

Man fährt viel Straßenbahn, durch eine Stadt die ewig geil ist. Geil durch die schönen lauten Gastarbeiter, die aber vor allem Gast sind. Aus dem Exjugoslawien kommen sie, vor allem die großen, schlanken und behaarten Kroaten. Eben grad eh die Familie Paulinowitsch aus Favoriten hält sich so einen Gastarbeiter im Haushalt, in der schönen Arbeitersiedlungseigentumswohnung, welche man mit der Linie N 67 erreicht. Der Kroatische Gastarbeiter ist ein freundlicher Mann und die Familie mag ihn sofort, nimmt ihn ohne Granteln auf. Nur die heiratsfähige Tochter ist dagegen, weil sie in der Schule alle kroatischen Jungs scheiße findet. Sie findet aber auch türkische, slowakische, russische und deutsche Jungs scheiße. Das fällt also nicht ins Gewicht.

Der kroatische Gastarbeiter, der freilich vor allem als Gast behandelt wird, vollbringt sein Tagwerk zuverlässig. Geht runter zum Postkasterl und wickelt den Gasmann ab. Es stört die Familie ein wenig, dass er grundsätzlich alles komplett nackt macht, und die Mutter besteht darauf, dass er zumindest beim Essen Unterbeinkleid und Leiberl trägt. Doch sein aus seiner Heimat mitgebrachter und Natur gegebener Lötkolben ist derart ausladend, dass der ungestüme Schlengel immer lang aus dem Eingriff herausschaut und somit die Unterbeinkleidlösung ihn und damit der Situation der Lächerlichkeit Preis gibt.

So gewöhnt man sich dann doch an seine sittliche Nacktheit. Sein präsenter Eumel findet also fortlaufend immer mehr Sympathie bei der Familie. Freilich verfolgt der Herr des Hauses, Herr Paul Paulinowitsch die Entwicklung nicht ohne Sorge, zumal seine Frau vom unbekleideten Gemächt des Herrn Gastarbeiter nicht genug bekommen kann und auch die faszinierende Konsistenz lobt, welche zwischen hart, fest und geschmeidig stets hin und her baumelt. Auch die mittlerweile milde gestimmte Tochter, dieses bierblonde Madel, welches auf dem Donauinselfest abgeht, wie ein Dynamitschnürdel, kann sich für das ausgesprochen schöne Geschlechtsteil des häuslichen Mitgastes begeistern. Aber alles bleibt im Rahmen des unüblichen Anstands. Auch wenn Herr Paul Paulinowitsch ehrlich und gewissenhaft fragt, ob er auch mal anfassen dürfe, als der Gastarbeiter ihm den Falter auf das Tischtuch wienert, welcher vom Tod des King of Pop berichtet.

Herr Paul Paulinowitsch meint, dass ein Mann, welcher den Moonwalk auf Erden erfand, weder zur Hölle noch in den Himmel fährt, sondern auf den Mond geschossen wird und dort klarkommen muss. Da nur wenig Verstorbene, wie Peterchen z.B. oder Jules Vernes zum Mond fuhren, ist die Bevölkerung da natürlich klein und der Verkauf von Tonträgern des King of Pop dementsprechend übersichtlich.

Ja. Ohne Blut kein Wien. Ohne Mond, keine Stadt, welche in die Liebe zum Veltliner und Zweigelt taucht.


1. Juli 2009

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