Böse Mädchen und Sägespäne

Beschreibung

Morgen ist es soweit

http://www.labskausromantik.de

lesung mit musik

16.05.09. - 21 Uhr

FS 115 Fährstraße 115

Hamburg Wilhelmsburg





Böse Mädchen und Sägespäne

Böse Mädchen sind Tierschutzaktivistinnen mit Krokodillederimitattaschen, die sich im Herrenklo einschließen und an die Kacheln Beschwerdebriefe über die dort vorherrschenden maskulinen Hygienebedienungen anschlagen. Was geht die das überhaupt an, wenn ich im Stehen rauche und beim Aschen bechere?

In bin in den Sägespänen meines Großvaters aufgewachsen. Ganz ohne Frauen. Das prägt. Unter einer Werkbank riecht es nach Welt. Nach dem Beginn des männlichen Kapitals. Mein Großvater hat Möbel verkauft und diese ausschließlich an den Mann gebracht.

Böse Mädchen tragen die Blusen aus der Hose hängend. Lässig am glänzenden Discogürtel ein messingfarbiger Damencolt. Ein falsches Wort über die Hässlichkeit von Katzen und du hast eine langweilige Adoleszenz. Böse Mädchen mischen sich in alles ein. Warum darf man nicht Katzen hassen und nach Sägespäne riechen und anziehen, was man will?

Warum, verdammt noch mal, darf man nicht allein in der S-Bahn sein Dosenbier trinken? Warum hat man garantiert immer ein böses Mädchen zur Gesellschaft? Füße auf den Sitzen, Dosenbierschaum an den dicken Lästerlippen.

„Du stinkst nach Sägespäne und Hopfen!“, schimpft die voll gefressene Kuh im Holzfällerhemd. Schwarzer Damenbart und Kampffingernägel. Macht mich an, wirkt untervögelt und hasst ihren toten Vater.
„Männer sind eine Mischung aus Blutorangennektar und Schmutz!“, sagt sie. Schiebt sich einen Schokoriegel nach dem anderen rein und piekt mir mit den Stiefelhacken in die Schenkel. Dann teilen wir noch ein paar Getränke, bis sich die Lady auf den Bezügen des öffentlichen Verkehrsmittels übergibt.

Ich muss sie mit nachhause nehmen und dort mit dem Feuerwehrstrahl abwaschen und ihr ein frisches Männerhemd zur Verfügung stellen. Dann schickt sie mich zum Kondomautomaten, weil das schließlich meine Sache zu sein hat. Sie tanzt nach jeder Musik gleich. Wie ein Apfelbaum, der keine Früchte trägt.

„Bringen wir es hinter uns!“, sagt sie.

Dann sehen wir uns lange nicht mehr.

Mich überfällt eine kreative Phase. Ich baue einen Schrank, wie Großvater. Ich lasse die Späne tagelang auf dem Boden. Dann schellt es an der Tür. Sie lächelt lieblich mit Katze. Wir müssen uns küssen.

„Meine Oma hatte immer so ein rosiges Gesicht von den Backpfeifen, die ich ihr verabreicht habe!“, lächelt sie mit glockenheller Stimme.
„Ich war nämlich ein schwieriges Kind!“
Sie streichelt das Tierchen auf ihrem Arm.
„Ich muss mal ne Weile weg. Pass gut auf sie auf!“

14. Mai 2009

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