Schrammurban 2008 - 2

Beschreibung

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Handygraphien in öffentlichen Verkehrsmitteln im Februar 2008. In der Tiefe der Nachtstadt - dazu ein neuer Text nicht über S-Bahnen, sondern ...

Schwarze Limousinen

Eigentlich kann ich nur Gedanken sammeln. Sammeln, mischen, verlieren, ausbeuten und nicht – werten. Da schreibe ich dann einen Querstrich rein und lösche den Rest. Der Querstrich ist mein kreisender Hut. Abends trage ich meinen Blick sinnlich in die Dämmerung. Isolierte heulen den Mond an. Viel mehr kann man mit dem Mond nicht machen. Bereisen kann man ihn noch, aber das kostet Mühe. Die wenigsten haben das auf sich genommen. Schwarze Limousinen fahren vor. Runde, große, eckige, Raum greifende, alte und knochige Limousinen. Es steigen Gruppen aus. Zwei Frauen, sieben Männer. Zwei lachen. Eine der Frauen trägt ein weißes Kleid. Es flattert im Abendwind. Ein Herr hakt sie ein, ein anderer verteilt Zigaretten. Die Herren haben Bulldoggengesichter ohne Konturen. Die Gesichter sind verwischt, wie auf einem Fernsehbildschirm unkenntlich gemacht. Die Gruppe spaziert eine Weile auf und ab. Wandelt langsam durch die Straße.

Stöckelschuhe bleiben am Kopfsteinpflaster hängen. Nach Kurzem steigen sie wieder in den Wagen ein. Dann rollt die Limousine langsam die Straße hinunter, bis sie aus meinem Gesichtskreis verschwindet. Mich stört das. Mich lässt das nicht kalt. So was macht mich unruhig, besonders wenn es alle drei Nächte geschieht und ich keine Erklärungen parat habe. Aber ich vergesse es auch wieder. Es findet in meinen Tagebuchaufzeichungen als Querstrich keinen Platz. Mein Gedächtnis lässt den schwarzen Limousinen keinen Raum.

Eines Abends treffe ich den Nachtwächter des Bürohauses von gegenüber. Ich werfe einen kurzen Gruß hinüber.
„Keine besonderen Vorkommnisse!“, sagt er. Am Zebrastreifen lässt mich eine schwarze Limousine die Straße überqueren.

29. Februar 2008