Streicheln

Beschreibung

Streicheln

Das letzte Wort, bevor ich gehe ist nicht „tschüß“ oder so etwas, sondern „ja“, oder nur ein kleiner Ausatmer. Nur ein kaum vernehmlicher Ton. Leise noch angeschlossen und weiter geführt um kein Ende zu finden. Du antwortest immer mit einer sanften Berührung meines Unterarms. Noch in dein dich abwenden hinein, hauche ich etwas. Ich hauche in deinen Streichler zum Abschied, in deine Fingerkuppenberührung an mir. Wie ein Kommissar berührst du mich, der mich an seine Kollegen übergibt, die mich abführen sollen. Eine letzte Berührung ins Ungewisse ist das, ein Streicheln dem ich das „ja“ mit einem Hauch entgegne. Es gibt immer ein Wiedersehen – sage ich damit. Immer wieder sind das die leichten Berührungen zwischendurch, die mehr zur Sprache bringen als unsere Worte, mehr als Begrüßungsküsse, mit dem Hut winken oder Lebensmittelkarten. Mal sendest du mir ein Handlächeln an der Schulter, mal stupst mich dein Zeigefinger unterm Kinn. Dann geht es weiter – dann fühle ich mich geführt und nicht verlassen.

Den ganzen Nachmittag redest du von anderen Männern. Von dem, denn du heiraten willst, dem der dir ein Kind machen soll, dem der zahlen soll und dem, der deinem Vater zu sehr ähnelt. Alle sind die exklusive Zukunft für dich. Dein Leben zwischen Kombi und Siegerurkunde, zwischen schwarz und weiß und in Farbe. Alle sind merkwürdige Gestalten, haben aber in deiner privaten Hitparade stets hohe Positionen. Aber keiner von denen, wird so von dir so gestreichelt wie ich.

3. November 2006