Menschen in der Johannstadt VII

Beschreibung

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Menschenbilder: Diese Ausstellung wurde in den letzten jahren 5mal gezeigt.

Und jetzt für euch exklusiv:-)


Mich faszinieren Menschen und die zufälligen Begegnungen mit ihnen.
Eine Verkäuferin beim Bäcker aus dem Irak, eine in Sibirien geborene und jetzt auf der schwäbischen Alb lebende Russin.
Der Türke beim Döner, der mich grüßt und unaufgefordert einen Tee bringt, wenn ich meinen Salat dort esse.
Oder der tunesische Partner einer Freundin, der zur Moschee geht ( von deren Existenz in der Johannstadt ich erst durch ihn erfuhr).
Meine russische Freundin (geboren in Taschkent), die Informatikerin und Physikerin ist und mir den Unterschied zwischen russischen und deutschen Frauen erklärt.
Die kubanische Modeverkäuferin, die hier mit einem Arzt verheiratet ist und es nicht mehr erträgt, ihre Familie in Kuba zu besuchen, weil sie sich schämt, dass es ihr besser geht.
Sie alle haben für mich eine eigene Fotodokumentation, eine eigene Reportage „verdient“. Ihre Sicht auf Dresden, auf ihr Land, ihre Familie, ihre Werte, ihre Wünsche… Gedanken über die Heimat und dort gebliebenen Familien…. ihre Gründe, das Land zu verlassen Schon lange habe ich dazu Bildideen im Kopf.



Vorname: Mahmoud

Geb. am: 01.01.1983
in DeirAzzor ( Syrien)


In Dresden, weil: er seinen Facharzt als Herzchirurg hier machen möchte. Er arbeitet am Herzzentrum. Er studierte bis 2007 in Syrien Medizin und arbeite dort schon 2 Jahre in der Chirurgie, vor allem Kinderchirurgie. Alle aus seiner Studiengruppe (10 Personen) sind mittlerweile im Ausland. Er wusste schon sehr früh, dass er Arzt und Herzchirurg werden will. Dabei sind in seiner Familie, Eltern und 2 Brüder alle Architekten. Erst die nachfolgende Generation (seine Cousins) wurden Ärzte.
Es stand auch fest, dass er nach Europa möchte, allerdings wollte er zunächst nach Frankreich oder Großbritannien .Aber da einige seiner Kommilitonen in Deutschland Bekannte hatten, entschieden sie sich nach Deutschland zu gehen und gemeinsam deutsch zu lernen. Er war zunächst von Juni 2009 ein Jahr in Freiburg als Gastarzt. Syrien finanzierte ihm mit Stipendium die Stelle. Seit August 2010 wechselte er als Assistenzarzt nach Dresden.
Die Ausbildung in Deutschland hat einen sehr guten Ruf. Allerdings hat sich dieser, obwohl er immer noch gut ist, in den letzten Jahren verschlechtert. Da hier wie in Syrien Ärztemangel herrscht, muss sehr viel Stationsdienst gemacht werden, der OP-Katalog wurde von 200 Operationen auf 120 reduziert, wobei in der Praxis pro Jahr nicht mehr als 40 OP zusammen kommen. Das bedeutet, dass er nach der 5jährigen Facharztausbildung noch mindestens 3 Jahre Praxis braucht, um wirklich Herzchirurg zu sein.

Gedanken zur Heimat:. Obwohl es ihm hier gut geht und das Leben in Deutschland in vielerlei Hinsicht einfacher „bequemer“ ist, will er in seine Heimat zurückkehren. Die Deutschen haben alles, (Krankenversicherungen usw) auch wenn sie kein Geld haben. In Syrien geht es einem nur so gut, wenn man Geld hat. In Syrien muss alles (Kind, Haus, Krankheit ...) finanziell als Einzelllösung in der ganzen Familie gedacht werden. Hier gibt es Elterngeld…für alle Lebenslagen staatliche Unterstützung. In Syrien ist man mehr auf Familie angewiesen.
In Syrien ist man emotionaler. Wenn er einen Syrer anruft und bittet zu kommen, kommt der sofort. Ein deutscher Freund fragt warum, ob es nicht später geht oder kommt gar nicht.
Als er entscheiden musste, ob er von Freiburg nach Dresden geht, sagte die syrische Freundin: Bleib hier bei mir in Freiburg. Die Deutsche: Du musst Deine Entscheidung treffen und wissen, was für Dich gut ist.
Natürlich tat das Emotionale der Syrerin gut, da sie ihm zeigte, dass er ihr wichtig ist. Aber richtiger für ihn war die Reaktion der deutschen Freundin, da er sich für seine berufliche Entwicklung entschied.
Er sagt: „Ich bin wichtig. Ich will überall, wo ich arbeite der beste Arzt sein. Aber Familie ist wichtiger als ich. Also kehre ich nach Syrien zur Familie zurück“. Er versucht hier zu vermeiden, sich in eine Deutsche zu verlieben oder gar Kinder zu bekommen. Das würde ihn in Konflikte in Bezug auf die Rückkehr in seine Heimat bringen.

Gedanken zu Dresden: In Dresden ist es schwerer mit den Menschen in Kontakt zu kommen als in Freiburg. Er weiß nicht warum. Aber jetzt ist er schon so lange da, dass er neben den syrischen Kontakten auch deutsche hat.
Er hatte zunächst andere Erwartungen an die Facharztausbildung, dachte, dass systematisch und planvoll wie beim Studium vorgegangen wird. Aber der Alltag ist von den Bedarfen der
Klinik bestimmt, den erforderlichen Diensten. Die Ausbildung kommt da manchmal zu kurz. Aber das geht deutschlandweit allen Assistenzärzten so.

Mein größter Wunsch: Ein guter Herzchirurg sein
Die Fotos entstanden in seiner Wohnung.