Lotharkreuz

Beschreibung

Das Lotharkreuz ist ein Vortragekreuz im Aachener Domschatz. Es wurde um das Jahr 1000 vermutlich in Köln gefertigt und wahrscheinlich von Kaiser Otto III. gestiftet. Bis heute wird es an hohen Festtagen in der Liturgie verwendet. Seinen Namen trägt das Kreuz nach dem in der Umschrift eines eingearbeiteten Siegelsteins genannten König Lothar.

Seit der Krönung Ottos I. in Aachen (936) wurden in den folgenden 600 Jahren 31 Krönungen im Aachener Dom vollzogen. Zum Krönungsritual gehörte der feierliche Einzug in die Pfalzkapelle Kaiser Karls des Großen, um in seiner Nachfolge rechtmäßiger König des Heiligen Römischen Reichs zu werden. Es ist davon auszugehen, dass das Lotharkreuz als Prozessionskreuz diesem feierlichen Einzug vorangetragen wurde. Das Volk sah auf die prächtige, strahlende, das Paradies verheißende Seite mit dem Bildnis des den Herrscher repräsentierenden Kaiser Augustus in der Mitte. Der hinter dem Kreuz schreitende König blickte auf die schlichte Rückseite und sah das Bild des Gekreuzigten. Es mahnte ihn zur Demut und erinnerte ihn an die Erhöhung Christi durch Gott (vgl. Phil 2,5–11 EU). Insofern kann auch nicht von einer Vorder- oder Rückseite gesprochen werden, beide Seiten gehören integral zusammen: Durch sein Leiden am Kreuz hat Jesus den Menschen das Paradies geschenkt. Für den neuen König war das Kreuz Mahnung und Rechtfertigung für seinen Auftrag zur Herrschaft im Sinne Christi auf Erden (Gottesgnadentum). Das Lotharkreuz ist ein Zeugnis für das herrscherliche Selbstverständnis der ottonischen und salischen Kaiser.

An hohen Festtagen und zu Pontifikalämtern wird das Kreuz nach wie vor als Vortragekreuz verwandt, beim Ein- und Auszug jedoch anders als früher mit der Christusseite voran; im Verlauf der Messe blicken die Gläubigen auf die Paradiesseite. Trotz des hohen Alters und des großen kunsthistorischen Werts stellt das Lotharkreuz mithin nicht nur ein museales Ausstellungsstück der Schatzkammer dar, sondern bleibt zu besonderen Anlässen im Gebrauch der Liturgie am Aachener Dom.

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