Utopia

Spiegelung in einem zerbeulten, teilweise zerkratzten Stahlblech, 10.07.2008

(Canon 400 D, f/10,0 bei 51 mm, 1/160 s, ISO 400, Teilbereichsmessung - mittenbetont, Bearbeitung: Adobe Photoshop 7.0, selektive Farbkorrektur, Rahmen)
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"Das Professorenkollegium tagt. Das Verbalerotiker-Kollegium tagt. Man redet sich die Köpfe heiß über einen entscheidenden, unverzichtbaren, lebensrettenden Aspekt des atlantischen Daseins: die Farbe der Häuserwände: War es Scheuerlappen- oder Abwaschwassergrau? Welches Abwaschwasser? Das der Interhotels oder das der Betriebskantinen? Volkseigenes oder privates? Hatten die verschmorten Karyatiden an Leningrader Palästen das Grau von Fensterkitt? Faunsohren, steinerne Pflanzen, der von Einschußklumpen blatternarbige Putz (Lymphknoten, Krebsflechten aus dem letzten Krieg) - welcher Grauton war es, den sie in Verfallsjahrzehnten angenommen hatten? Wir dachten an Grisaillemalerei. An Sorgengrau. Grisettengrau. Argusaugengrau. Gefängnisinsassenkleidungsgrau. An Herrenmodengrau, Schneckengrau, Groschengrau, Austerngrau, Baumbast, Wolfsgrau, Bleistiftgrau, Elefantengrau. War es nicht ein Braun? Aschefarbe. Tonig-pulvrig, schal, holzig, von der Zeit, den Abgasen, dem sauren Regen hergestellt; der Putz wirkte flöhig wie das Zwiebackfell der Trampeltiere. Wir gerieten in die Zone der Rechtfertigungen. Was war es, das Große Projekt? Der Nachbau der Wirklichkeit, um sie nach unseren Träumen formen zu können ..." (aus Uwe Tellkamp: "Der Turm", Kapitel 63. Kastalia)

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