Elsass (Mittelbergheim)

Mittelbergheim

Der Wein in den Fässern aus rheinischer Eiche schläft.
Die Kirchenglocke zwischen den Weingärten Mittelbergheims
Weckt mich. Ich höre die kleine Quelle
Plätschern im Zuber im Hof, das Klappern
Der Holzschuhe auf der Straße. Der trockene Tabak
Unter dem Dachfuß, die Pflüge und Holzräder
Und die Berghänge und der Herbst sind bei mir.

Noch hab ich die Augen geschlossen. Feuer, Gewalt, Kraft,
Treibe mich nicht, denn es ist noch zu früh.
Ich habe viele Jahre durchlebt und gefühlt wie in diesem
Traum, dass ich an die bewegliche Grenze rühre,
Hinter der Farbe und Klang sich erfüllen
Und wo dieser Erde Dinge zueinander finden.
Noch öffne mir nicht meinen Mund mit Gewalt,
Lass mich vertrauen, glauben, dass ich es erreichen werde,
Und lass mich rasten in Mittelbergheim.

Ich weiß, ich sollte. Herbst und Holzräder und die Tabak-
Blätter unter dem Dachfuß stehen mir bei.
Hier und überall ist mein Land,
Wohin ich mich wende, in welcher Sprache ich auch
Das Kinderlied, das Gespräch eines Liebespaares
Höre. Mehr als die anderen glücklich, nehme ich auf
Den Blick, das Lächeln, den Stern, die Seide,
Die auf der Linie des Knies sich faltet. Heiter, offenen Blicks
Soll ich durch Berge gehn, im milden Glanzlicht des Tages
Zu Städten, Wegen, Gewässern, Sitten, Gebräuchen.

Feuer, Gewalt, Kraft, die du mich
In der Handfläche hälst, deren Furchen
Wie riesige Schluchten sind, vom Südwind
Geglättet, die du Sicherheit gibst
In der Stunde der Angst, in den Wochen des Zweifelns;
Es ist noch zu früh, mag reifen der Wein,
Die Reisenden mögen schlafen in Mittelbergheim.

(Czeslaw Milosz)