Teilen auf
Erstellt mit fotocommunity Portfolio
© 2024 Alle Rechte vorbehalten, KGS Impressum Datenschutz
Spiegelung, Jena, 07.01.2010 (Canon 400 D, f/5,6 bei 43 mm, 1/60 s, ISO 1600, Teilbereichsmessung, mittenbetont, Bearbeitung: Adobe Photoshop 7.0, Tonwertkorrektur, Filter: Kreuzschraffur, Rahmen) ______________________________________________________ TRÄNENHALSBAND Die Tage lasten schwül und schwer, voll wildem, bangem Weh. Es ist in mir so kalt und leer, dass ich vor Angst vergeh'. Die Vögel ziehn gen Mittag hin, sie sind schon lange fort. Schon seh' ich keine Aster blühn, und auch die letzten Falter fliehn, die Berge sind mit Herbst umflort. Ich bin in Sehnsucht eingehüllt, ich sehne mich nach dir. Mein heißes Sehnsuchtslied erfüllt die Welt und mich mit ihr. Der Regen, der eintönig rauscht, begleitet meinen Sang. Und wer dem Regenliede lauscht und wer sich an dem Weh berauscht, der hört auch meines Liedes Klang. Nur du allein, du hörst es nicht – ach, weiß ichdenn, warum? Und wenn mein Lied einst gell,zerbricht, du bleibst auch kalt und stumm. Dir macht es nichts, wenn jeder Baum mitleidig fleht: so hör! Du gehst vorbei und siehst mich kaum, als wüßtest du nicht meinen Traum, und 's fällt dir nicht mal schwer. Und doch bist du so bleich bedrückt, wie einer der versteht, der seine Seufzer schwer erstickt und schwer beladen geht. Und doch ist Weh in deinem Blick, um deine Lippen Leid. Verloren hast du wohl das Glück, es kommt wohl nimmermehr zurück, und du – du bist „befreit“. Nun ja, das Glück war dir zu schwer, du hast es hastig – wild verstreut, und nun sind deine Hände leer, es füllt sie nur noch Einsamkeit. So stehst du da und wirfst den Kopf mit starrem Trotz zurück, und sagst, was du ja selbst nicht glaubst – „Ich pfeife auf das Glück!“ Und dann, wenn es schon längst vorbei, stehst du noch da und starrst ihm nach, dann sehnst du es so heiß herbei, es ist dir nicht mehr einerlei – dann bist du plötzlich wach. Zurück jedoch kommt es nie mehr – denn rufen willst du nicht, und wäre die Leere so unendlich schwer, daß dein Rücken darunter bricht. So tragen wir beide dasselbe Leid, ein jeder für sich allein. Mich krönt aus Tränen ein schweres Geschmeid' und dich ein Sehnsuchtsedelstein. Und der Wind singt uns beiden den ewigen Sang von Sehnen und Verzicht, doch auch wenn es dir zum Sterben bang – du rufst mich trotzdem nicht. Selma Meerbaum-Eisinger (1924-1942)