Die Reise der MV FRAM - 55

Nach dem tollen Sonnenaufgang im Lemaire-Kanal war die englische Station "Port Lockroy", hier im Gegenlicht auf der Insel liegend, unser nächstes Ziel.
Hier hat uns die Antarktis gezeigt, was sie an Tücken zu bieten hat.
Nachdem wir bei strahlender Sonne ins Polarcircel-Boot stiegen, und bei ruhiger See unsere Überfahrt antraten, wurden aus den Wolken, die sich im Hintergrund zusammenballten, urplötzlich heftige Fallwinde.
Aus unserer ruhigen Überfahrt, keine 5 Minuten, wurde ein heftiger Ritt durch die Wellen. Nicht nur wir wurden völlig durchnässt, sondern zu meinem Schreck auch die im Fotorucksack, mit Wetterschutzhülle, verpackte Spiegelreflex. Nach der Salzwasserdusche wollte sie dann nicht mehr. Zuerst feuerte sie im Serienbildmodus ohne aufzuhören, dann schließlich war sie elektrisch einfach tot. Keine Kontrollleuchte zeigte überhaupt noch ein wenig Leben an. Deshalb habe ich von Port Lockroy nur wenig Bilder.
Zu meiner Erleichterung konnte ich die Kamera später in der Kabine durch Abspülen mit einigen Litern entmineralisiertem Wasser und langem Fönen wiederbeleben.
Auf der Rückfahrt von der Insel übrigens der zweite Schreck: Während wir mit dem Boot zurückfuhren, gab es plötzlich einen lauten Knall. Sekunden später brach der Eisberg, der zwischen Schiff und Insel liegt, auseinander. Durch die Verlagerung der Schwerpunktes fing er in Sekunden an, zu rotieren, und sich umzudrehen. Großes Kompliment an das Expeditionsteam und die Bootsfahrer: Sekunden nach dem Knall und noch vor dem sichtbaren Zerbrechen des Eisbergs (wir wussten noch gar nicht, was los war), kam per Funk das Kommando von Anja, unserer Expeditionsleiterin: "Go away, go away..." Sie erkannte sofort die Gefahr und unser Boot schlug sofort einen riesigen Bogen und so entkamen wir.
Auf Port Lockroy, so hörten wir von anderen Mitreisenden, hat das Expeditionsteam sofort alle vom Ufer weg, und die Böschung hoch gescheucht. Angesichts der Tsunami-ähnlichen Welle, die kurz später ankam, wussten dann auch alle, warum.