Mildes Weiß....





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Terzinen an ein Mädchen

Seit deine Hände kühl an meinen ruhten,
Fühle ich traumhaft ihre weiße Schwinge
Tief in die Stille meiner Stunden fluten,

Doch eingebannt im Bilde vieler Dinge:
Bald ruhen sie wie schöne weiße Schalen,
Bald knistern sie um eine blaue Klinge,

Verblassen jetzt zu kränklichen Opalen
Und sind nun selbst wie schmachtend matte Frauen –
Doch immer ist in ihren schmalen, fahlen

Gelenken, die das Netz des bleichen blauen
Geäders zart und rätselhaft durchgittert,
Ein irres Leuchten und ein stummes Grauen.

Ist dies mein Traumglanz nur, der so gewittert,
Oder ist Funkenspiel dies deiner Seele
Ein fahles Fieber, das in dir aufzittert

Und das du niederringst mit stolzer Kehle? –
O leih mir, Seltsame, die kühlen Hände,
Doch nicht, daß ich sie so mit Fragen quäle

Und böser Stunden Spur in ihnen fände.
Ganz leise nur, ganz lieb will ich sie nehmen
Und wunschlos halten, deine blassen Hände,

Als wären sie zwei weiße Chrysanthemen.

Stefan Zweig
28.11.1881 - 23.02.1942


Ich wünsche Euch allen einen so strahlend schönen Tag, wie wir ihn hier "im Süden" haben.



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