Roter Frühling

Beschreibung

Wunderbare rote Handygraphie vom 21. April 2007. Gartenfoto. Aber es gibt auch trostlose Wetter - wovon die nachdenkliche folgende Geschichte erzählt.

Bügelwetter

Immer das Schnaufen von Mutters Bügeleisen und ihr leidender Blick. Wassertropfen zerlaufen auf der Fensterscheibe. Ich schaue hinaus. Vater raschelt mit der Zeitung.

„Fang doch mal was Nützliches mit deiner Zeit an, Junge!“, brummt der alte Herr. Ich male Herzen auf die Glasscheibe. Mutter streicht mir übers Haar und zwar so, dass ich mich schütteln muss.

„Lass ihn doch schauen!“, sagt Mutter sanft und traurig.
„Ach Weib!“, schimpft Vater, „ein Junge in dem Alter mit Haaren wie ein Mädchen. Er schreibt Liebesbriefe und geht nicht einmal auf den Fußballplatz, wie die anderen Jungs!“
„Das wird schon noch!“, erwidert Mutter mit Totengräberton in ihrer dünnen Stimme.
„Wann denn?“, fragt Vater, „der wird dieses Jahr dreiundvierzig und einen Arsch hat der wie eine Dienstmagd.“

„Eltern, nun streitet doch nicht!“, sage ich.
„Ich könnte ein paar Schwule vermöbeln, Vater!“
„Recht gesprochen Junge!“

Mutter schüttelt ihr weises Haupt.
„Das du dich nicht schmutzig machst!“ jammert sie
„Weib!“, raunzt Vater „der ist doch viel zu blöd um sich wirklich schmutzig zu machen.“

Ich gehe hinaus auf die Straße und verwickle mich hier und da recht halbherzig in ein paar fragwürdige Keilereien. Dann besuche ich einen Puff, betrinke mich und besudele meinen Anzug mit meinem Erbrochenen. Spät in der Nacht kehre ich heim. Ein schwarz gekleideter Herr steht an der offenen Haustür. Zwei Zinnsärge werden an uns vorbei getragen.
„Was willst du denn hier, du Penner?“, fragt mich der Herr.
„Ich bin hier der Sohn des Hauses!“ lalle ich.
„Es tut mir leid!“, sagt er.
„Deine Eltern sind tot. Das Alter weißt du. Sie sind beide friedlich eingeschlafen. Waren wohl mit sich im reinen.“

Ich schaue an meinem verdreckten Äußeren herab und kann selbiges nicht grade von mir behaupten.



20. April 2007